Herausforderung für die Präzisionswerkzeugtechnik

Industrie 4.0: Zweifelsohne ist die Initiative Industrie 4.0 eine der größten Herausforderungen für die Industrie. Als besondere Vorteile werden deren Chancen in den Vordergrund gestellt, wie internationale Wettbewerbsvorteile durch kürzere Lieferzeiten, Schaffung neuer, qualifizierter Arbeitsplätze durch den verstärkten Bedarf an intelligenten Produkten und Prozessen. Daten sind der Rohstoff der Zukunft, heißt es. Hier und da werden aber auch skeptische Meinungen vertreten, die das Problem mit der Datensicherheit, mit der Synchronisation der Schnittstellen oder der Normierung und Bereitstellung von Stammdaten beinhalten.

QR-Code für das Datenmanagement am Axialgewinderollkopf. (Bilder: LMT)

QR-Code für das Datenmanagement am Axialgewinderollkopf. (Bilder: LMT)

Ganz einfach ausgedrückt verbirgt sich hinter Industrie 4.0 die digitale Vernetzung von Unternehmensprozessen in vertikaler und horizontaler Dimension. Die vertikale Vernetzung gleicht einem funktionalen Organigramm und betrifft unternehmensinterne Prozesse, wie zum Beispiel Auftragssteuerung, Engineering, Programmierung und Fertigung oder Logistik. Sie ist nicht neu und hat ihren Einzug mit CIM (Computer Integrated Manufacturing) als Basis für sich selbst steuernde Produktionsprozesse schon vor vielen Jahren gefunden. Neuer und anspruchsvoller ist die horizontale Vernetzung der unternehmensinternen Funktionen mit Kunden, Lieferanten und anderen internationalen Firmen. Auch hier gibt es aber seit längerem digitale Lösungsansätze, wie zum Beispiel die weltweite Service- Ferndiagnose bei Maschinenstörungen zwischen Herstellern und Kunden. Ganz neu ist sicherlich das erforderliche Datenmanagement. Eine enorme Menge standardisierter Daten muss einheitlich und in Echtzeit allen berechtigten Nutzern über eine Cloud bzw. einem Server problemlos verfügbar gemacht werden.

Der Halter eines Tangentialgewinderollkopfes kommt aus dem 3D-Drucker.

Der Halter eines Tangentialgewinderollkopfes kommt aus dem 3D-Drucker.

Ein Puzzle aus vielen unbekannten Teilen

Komplizierter ausgedrückt, ist Industrie 4.0 ein Puzzle aus sehr vielen Teilen, wobei die meisten dieser Teile und deren Schnittstellen noch gar nicht definiert sind. Damit sind auch die Größe des Puzzles und dessen zeitlicher Realisierungshorizont bisher unklar. Somit liegt die eigentliche Herausforderung der Unternehmen gegenwärtig darin, eine Digitalisierungsstrategie für etwas weitgehend Unbekanntes zu erarbeiten.

Um mehr Klarheit zu gewinnen, arbeiten viele Unternehmen inzwischen daran, die unterschiedlichen Prozessmodule aus ihrer spezifischen Kompetenzsicht zu konkretisieren. Einige Firmen entwickeln logistische Konzepte und Masterpläne für die eigene Produktion. Andere beschäftigen sich mit Steuerungs- und Schnittstellenkonzepten. Wieder andere machen ihre Produkte intelligent und entwickeln zum Beispiel mechatronische Lösungen. Auch die LMT Group mit ihrer Division LMT Tools ist auf dem Weg zu Industrie 4.0. Voraussetzung für die Industrie 4.0 aus Sicht der Werkzeugtechnik ist die Bereitstellung und Vernetzung von CAD/CAM- Daten sowie Sensordaten von Werkzeugen, Spannsystemen, Maschinen und Werkstücken.

Mit dem automatisierten Werkzeugausgabesystem eboy® stehen der Produktion alle benötigten Werkzeuge rund um die Uhr ohne Personalbindung zur Verfügung.

Mit dem automatisierten Werkzeugausgabesystem eboy® stehen der Produktion alle benötigten Werkzeuge rund um die Uhr ohne Personalbindung zur Verfügung.

Intelligente Werkzeuge

Für die sogenannten cyber-physikalischen Produktionssysteme werden also intelligente Präzisionswerkzeuge benötigt, die selbstständig kommunizieren und auf Prozesseinflüsse reagieren. Werkzeugintelligenz bedeutet, dass eine Sensorik im Produkt selbst oder in seiner Umgebung zum Erfassen relevanter Arbeitsdaten wie Einsatzzeit, Fräszyklen, Kräfte oder auch Verschleißzustände integriert ist.

Zum anderen müssen diese Daten Steuerungssignale auslösen, um Abweichungen der Istwerte von den Sollwerten zu regeln. Infrage kommen hier aktorische Werkzeuge, die zum Beispiel ihren Durchmesser selbst verändern können. In den meisten Werkzeuganwendungen ist jedoch die Maschinensteuerung gefordert, die mithilfe eines Rechenprogramms (Algorithmus) kinematische Parameter wie Schnittgeschwindigkeit oder Vorschub verändert, um Zeitaufwand, Kosten oder Qualität zu optimieren.

Die Werkzeugdaten können sich entweder in einem Speicherchip im Werkzeug, der mit der Maschinensteuerung kommuniziert, oder in der Daten-Cloud befinden, wobei das entsprechende Werkzeug dann beispielsweise über einen sogenannten QR-Code identifiziert wird. Somit wird es möglich, Einsatzdaten, Einstellwerte, Standzeiten und Serviceintervalle vorzugeben. Ein Beispiel ist der neue Gewinderollkopf EVOline von LMT Fette, der mit einem QR-Code ausgestattet ist. Damit werden die relevaten Einsatzdaten und Serviceintervalle im Falle der spanlosen Außengewindeherstellung identifiziert. Konzepte für Wälzfräser und andere Werkzeugausführungen lassen sich analog realisieren.

Aussteuerwerkzeug von LMT Kieninger zur Feinbearbeitung von Kurbelwellenlagerbohrungen: Der Werkzeugverschleiß wird mithilfe von automatisch aussteuerbaren Schneiden kompensiert.

Aussteuerwerkzeug von LMT Kieninger zur Feinbearbeitung von Kurbelwellenlagerbohrungen: Der Werkzeugverschleiß wird mithilfe von automatisch aussteuerbaren Schneiden kompensiert.

Additives Fertigungsverfahren 3D- Druck

Das Fertigungsverfahren zur Bauteilherstellung mittels 3D- Druck ist ein wichtiges Modul für die Industrie 4.0. Es stellt quasi eine Mini-Lösung dar, weil sich der Prozess selbst cyber-physikalisch steuert. Dabei werden dreidimensionale Werkstücke schichtweise aufgebaut. Der Aufbau erfolgt computergesteuert aus CAD/CAM-Daten. Verarbeitet werden Materialien, wie Kunststoffe oder Metalle, die gleichzeitig auch einen Härtungsprozess erfahren, zum Beispiel durch Lasersintern.

Einige grundlegende Vorteile gegenüber konkurrierenden Herstellungsverfahren, wie Spritzgießen oder auch spanende Bearbeitung von Formen, führen zu einer zunehmenden Verbreitung der Technik, nicht nur im Prototypenbau sondern inzwischen auch in der Serienproduktion von Teilen. Zu den wesentlichen Anwendervorteilen gehören Flexibilität und Schnelligkeit, besonders bei der Herstellung komplizierter Bauteile. Zusätzliche Möglichkeiten, wie zum Beispiel Material- und Gewichtseinsparung durch Hohlräume in den Bauteilen bzw. durch Vermeidung von Spänen, generieren weitere Vorteile.

Auch die Herstellung von Präzisionswerkzeugen profitiert von dieser Technik. So können zum Beispiel einteilige Fräswerkzeuge oder die Grundkörper von Wendeplattenwerkzeugen sowie Wälzfräser im 3D- Druck hergestellt werden. Allerdings noch nicht immer in Endqualität. Finishbearbeitung ist weiterhin erforderlich. Beispielsweise werden die Halter des Gewinderollkopfs von LMT Fette im 3D-Druck produziert.

Automatisierte Werkzeugversorgung

Als weiteres Modul innerhalb des Cyber-Netzwerkes bietet LMT Tools das automatisierte Werkzeugausgabesystem eboy® in unterschiedlichen Ausführungen an. Damit stehen der Produktion alle benötigten Werkzeuge rund um die Uhr ohne Personalbindung zur Verfügung. Das Konsignationslager wird durch abgestimmte Soll- und Meldebestände definiert. Sind diese erreicht, löst der Automat selbstständig eine Bedarfsmeldung für den LMT-Disponenten aus, sodass der Aufwand des Kunden für die Werkzeugdisposition sehr gering ist.

Die Datenkommunikation läuft entweder über Internet oder über einen autarken Router. Der Anwender ist ständig über den aktuellen Werkzeugverbrauch informiert. Er erfährt, ob Kosten aus dem Ruder laufen oder im grünen Bereich liegen. Auch für die Wiederaufbereitung verschlissener Werkzeuge wird gesorgt. Sie kommen zur kurzfristigen und fachgerechten Instandsetzung in die Service-Box des Unternehmens.

Ausblick: Der Mitarbeiter 4.0

Ein wesentlicher Baustein in dem großen Cyber-Puzzle von Industrie 4.0 betrifft auch das Personalwesen und besonders die Personalentwicklung. Die Mitarbeiter müssen mit zusätzlicher Qualifikation ausgestattet werden, nicht nur auf dem Gebiet der IT. So muss zum Beispiel der Konstrukteur eine 3D-Druck-gerechte Bauteilkonstruktion erstellen können. Das setzt intensive Kenntnisse über die Möglichkeiten dieser relativ neuen Technik voraus. Der Mitarbeiter 4.0 besitzt genau diese Voraussetzungen und vor allem auch Begeisterung für Cyberaktivitäten.

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