SCHIESS VERO-S Aviation: Reduzierung der Rüstzeiten in der Großteilebearbeitung

Bei XL- und XXL-Maschinen war die Stellschraube zur Erhöhung der Produktivität in den letzten Jahren oftmals durch den Bearbeitungsprozess getrieben. Die Reduktion der Rüstzeiten ist hierbei, im Vergleich zu kleinen Maschinen, nur selten genauer betrachtet worden. Gemeinsam mit Schunk hat sich die Schiess GmbH dieser Thematik angenommen und zeigt interessante Potentiale auf.

Auf der EMO 2018 sowie auf den Technologietagen bei Schiess wurde von Schunk eine adaptive Spannlösung VERO-S Aviation vorgestellt. Diese ermöglicht es im Zusammenspiel mit der Maschine während des Prozesses die Spannkräfte anzupassen.

Auf der EMO 2018 sowie auf den Technologietagen bei Schiess wurde von Schunk eine adaptive Spannlösung VERO-S Aviation vorgestellt. Diese ermöglicht es im Zusammenspiel mit der Maschine während des Prozesses die Spannkräfte anzupassen.

Alain Reynvoet
Chief Sales Officer der Schiess GmbH

„Beim Rüsten der Maschine besteht noch enormes Potenzial, sowohl bei Serien- als auch bei Einzelteilen. Dieses zu finden und zu heben ist einfacher und kostengünstiger als man denkt. Allerdings sollte dieses immer im Gesamtsystem Werkzeugmaschine in Absprache mit dem Maschinenhersteller stattfinden. Denn nur die richtige Konfiguration aller Parameter bringt den gewünschten Vorteil.“

Der Auslöser die Reduktion der Rüstzeiten unter die Lupe zu nehmen war die Entwicklung einer vertikalen Fräsmaschine für die Aerospace-Industrie, von der Größe vergleichbar mit einer XL-Maschine aus dem Hause der Schiess GmbH. Im Rahmen von Gesprächen mit Maschinenanwendern und Komponentenzulieferern sowie einer intensiven Marktanalyse standen die technischen Zielparameter der Maschine fest. Eine Thematik fiel jedoch massiv auf: Aufgrund der „bewährten“ Spannung des Bauteils mit Spannpratzen war ein häufiges Umspannen, Messen und Nachbearbeiten der Werkstücke notwendig. Beim Ausspannen führten die Eigenspannungen des Werkstücks dazu, dass sich eine Verformung einstellte, die sich trotz ausgiebiger FEM-Analyse vorab nicht 100 % voraussagen lies.

Die Schiess GmbH sieht enorme Potentiale im Bereich der Einspannung der Werkstücke auf XL- und XXL-Maschinen.

Die Schiess GmbH sieht enorme Potentiale im Bereich der Einspannung der Werkstücke auf XL- und XXL-Maschinen.

Eigene Spannlösung entwickelt

Im Rahmen einer Projektgruppe im Machining Innovations Network wurden daher einige Lösungsansätze diskutiert und erarbeitet. Im Ergebnis wurde seitens Schunk eine adaptive Spannlösung VERO-S Aviation entwickelt und auf der EMO 2017 sowie auf den Technologietagen bei Schiess vorgestellt. Diese ermöglicht es im Zusammenspiel mit der Maschine (in-Prozess Vermessung des Werkstücks sowie Rückgabe der Parameter an die Steuerung) während des Prozesses die Spannkräfte anzupassen und somit die Verformung durch die Änderung der Eigenspannung zu minimieren. Hierdurch konnte z. B. die Anzahl der Umspannungen bei einem Referenzwerkstück von fünf auf drei reduziert werden. Darüber hinaus wurde auch der Prozess optimiert (Werkzeuge, Bearbeitungsstrategie etc.), um eine ganzheitliche Lösung zu präsentieren. In weiteren Versuchen wurde das gesamte Konzept weiter verbessert.

Geht man nun in den Maschinenabmessungen eine Nummer größer in den XXL-Bereich, so findet man fast ausschließlich eine Spannung der Werkstücke mit Spannpratzen, Klauenkästen etc. – also eine konventionelle Lösungen. Diese Lösung hat aber zwei entscheidende Nachteile: Sie dauert sehr lange und erfordert Know-how und Prozessverständnis. Dadurch kostet sie nicht nur Zeit, sondern bei Maschinenstundensätzen von über 400,00 Euro auch entsprechend Geld.

Jedoch ist die Herausforderung „Reduzierung der Rüstzeiten“ in den letzten Jahren in der XXL-Bearbeitung kein vorherrschendes Thema gewesen. Vielmehr wurde viel Zeit in die Optimierung der Bearbeitungsstrategien gesteckt. Angefangen über die Werkzeugauswahl, die Optimierung des NC-Programms, der Anordnung der Werkzeuge im Magazin bis hin zur Reduzierung der Span-zu-Span-Zeit. Ein Punkt stand jedoch so gut wie nie zur Diskussion: die Spannung der Werkstücke. Auch in der Forschung war das bei Maschinen dieser Größe kein großes Thema. Doch woran liegt das?

Ein wesentlicher Punkt hierfür ist, dass die Einspannung immer die Schnittstelle zwischen Maschinenhersteller und Maschinenbetreiber ist und somit ein Bereich, der häufig zu Diskussionen führt – insbesondere in der Sicherheitstechnik. In der Praxis hat der Maschinenbetreiber auch bewährte Konzepte, von denen er nicht abweichen möchte, da die Mitarbeiter diese kennen, alles funktioniert und die Werkstücke die gewünschte Genauigkeit erzielen.

Durch eine Reduzierung der Rüstzeiten liegt gerade in der XXL-Bearbeitung noch großes Potential.

Durch eine Reduzierung der Rüstzeiten liegt gerade in der XXL-Bearbeitung noch großes Potential.

Potential, das es zu Nutzen gilt

„Es bestehen jedoch aus unserer Sicht enorme Potentiale im Bereich der Spannung großer Werkstücke. Mit innovativen Lösungen kann hier enorm viel Zeit und Geld eingespart werden“, betont Alain Reynvoet, Chief Sales Officer der Schiess GmbH. „Insbesondere das Ausrichten bzw. Nachrichten der Teile kostet viel Zeit. Wenn dann noch ein Teil von der Maschine in die Vermessung muss, da das Equipment zur Vermessung auf der Maschine nicht vorhanden ist, dann erhöhen sich die Aufwände um ein Vielfaches. Einige Kunden haben auch Interesse an Automatisierungslösungen, doch bei der Umsetzung solcher Lösungen fehlt es jedoch einfach oft an Platz (oder das Geld). Trotz allem hat uns dieses Thema einfach nicht losgelassen, da auch wir eine XXL-Maschine VertiMaster VMG 6 sowie weitere XL-Maschinen in der eigenen Fertigung einsetzen und immer wieder viel Zeit und Muße aufwenden müssen, um große Werkstücke sauber zu spannen.“

Im XXL-Bereich findet man fast ausschließlich eine Spannung der Werkstücke mit Spannpratzen, Klauenkästen etc. – also die konventionelle Lösung.

Im XXL-Bereich findet man fast ausschließlich eine Spannung der Werkstücke mit Spannpratzen, Klauenkästen etc. – also die konventionelle Lösung.

Magnetspanntechnik spart enorm Zeit

Gemeinsam mit Schunk wurden im Rahmen der diesjährigen Technologietage bei Schiess einige weitere Lösungen präsentiert. Ein Ring (Außendurchmesser 4.850 mm, Innendurchmesser 4.000 mm, Höhe 210 mm) war in konventioneller Aufspannung auf der VertiMaster VMG 6 PS gespannt. Der gesamte Vorgang von der bloßen Planscheibe bis zur fertigen Aufspannung dauert ca. eine Schicht für ein bis zwei Personen, da einige Arbeiten nur zu zweit durchgeführt werden können. Setzt man jedoch das magnetische Spannfutter MAGNOS ein, so reduziert sich der Aufwand um ca. 0,5 bis 1 h, da unter anderem das händische Spannen entfällt.

Live vorgeführt wurde zudem die Magnetspanntechnik bei der Bearbeitung eines RAM-Gehäuses der VertiMaster T. Dieses wurde mit zwei MAGNOS Magnetspannplatten (500 mm x 1.000 mm sowie 500 mm x 800 mm) inklusive Nullpunktspannsystem ebenfalls auf der XXL-Maschine gespannt. Bei diesem Werkstück ist die Zeitersparnis noch höher (ca. 50 %). Darüber hinaus ist das Spannen deformationsarm und prozesssicher bzw. unabhängig vom Maschinenbediener. Eine direkte wirtschaftliche Folge sind die gesunkenen Fertigungskosten. Da die Magnetspannplatten in verschiedenen Größen vorhanden sind, eigenen sie sich für den Einsatz an Maschinen verschiedenster Größe.

Die vorgestellten Lösungen sind kleine Bausteine, um die XXL- und XL-Maschinen produktiver zu gestalten und v. a. die Rüstzeiten zu minimieren. Im Bereich der Automatisierung werden momentan einige Konzepte bewertet, die dann in die Umsetzungsphase gehen sollen.

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